Missed in Action Dance Company

Eine neue Seele

Die Duisburger „Missed in Action Dance Company“ ermöglicht jungen Menschen mit und ohne Fluchterfahrung, gemeinsam auf der Bühne Geschichten zu erzählen.

 

„Tanzt, tanzt, tanzt, sonst sind wir verloren!“ Dieses Zitat von Pina Bausch erwähnt Mia Sophia Bilitza, Leiterin der Dance Company Missed in Action, zwar nur am Rande einer Videodokumentation, aber eigentlich könnte man es auch als das perfekte Motto für das junge Duisburger Ensemble verstehen. Auf intensive Weise setzen sich die Jugendlichen tänzerisch mit Themen wie Krieg, Frieden, Flucht und Identität auseinander und verarbeiten dabei in der Gemeinschaft eigene Erfahrungen. Für viele der Teilnehmer, die aus Krisengebieten wie Syrien oder Afghanistan stammen, eröffnen sich hier ganz neue Räume. Einer der Tänzer, Mirza, erklärte 2017 beispielsweise, dass Tanzen für ihn „frei sein“ bedeutet, ein anderer namens Omid fügte hinzu: „Wenn Du auf der Bühne bist, hast du eine neue Seele.“

 

Bei Missed in Action interagieren Menschen mit und ohne Fluchterfahrung

 Die Dance Company richtet sich ganz bewusst an Menschen mit und ohne Tanzerfahrung. Rund 10 bis 20 jungen Menschen können hier – gefördert durch Gelder der Landesarbeitsgemeinschaft Tanz NRW und Spenden – kostenlos an einem regelmäßigen Community Dance-Training teilnehmen. Hierfür geht Mia Sophia Bilitza auch immer wieder in Schulen auf die Suche nach mutigen Jugendlichen, die Lust haben, bei Bühnenprojekten tänzerisch mitzuwirken. Sie sprechen zum Beispiel Persisch, Dari, Arabisch oder Rumänisch und sind noch dabei, Deutsch zu lernen – aber beim Tanzen gelingt es der Gruppe, eine gemeinsame Sprache zu entwickeln.

 

„Die Menschen aus den anderen Ländern bringen eine Energie mit, die wir hier teilweise ein bisschen verloren haben“, erklärt Mia Sophia Bilitza. „Mit dieser Energie arbeiten zu dürfen, aus der Energie heraus choreographieren zu dürfen, das ist ganz wundervoll.“ Auch Jugendliche ohne Fluchterfahrung oder Migrationshintergrund sind hier jedoch sehr willkommen, denn gerade dadurch entsteht ein lebendiger Austausch zwischen den Kulturen. Am Community Dance schätzt Mia Sophia Bilitza besonders, dass sich die Identitäten der Tanzenden dabei herausarbeiten lassen. Aus ihrer Sicht tragen sie „etwas ganz Reines“ in sich, wodurch die Choreographien – anders als mit Profis, die es gewohnt sind, auf der Bühne zu stehen – eine authentische Wirkung entfalten.

 

Die Bühnenproduktionen setzen die kollektive Energie wirkungsvoll ins Szene

Das Missed in Action-Training findet in der Tanztheaterschule von Ulla Weltike, der Mutter von Mia Sophia Bilitza, statt. Viele der Bewegungen haben ihren Ursprung im Modern Dance, aber auch Jazz, Hip Hop, der levantinische Folkloretanz Dabke und eigene Ideen der Teilnehmer:innen fließen hier ein. Die Choreographien ermöglichen es den Tanzenden einerseits, ihrer Individualität Ausdruck zu verleihen, andererseits agieren sie phasenweise wie ein einziger zusammenhängender Körper – beispielsweise in einer Szene des Stücks „Begegnungen“, das 2018 im Theater Duisburg aufgeführt wurde. Hierbei kooperierte die Missed in Action Dance Company mit dem Tanztheater Ulla Weltike und dem Choreographen Royston Maldoom. Die Videodokumentation zeigt, dass es bei Missed in Action immer darum geht, mit tänzerischen Mitteln Geschichten zu erzählen und Botschaften zu vermitteln. In diesem Fall machte die Gruppe Themen wie Flucht, Orientierungslosigkeit, Angst, Abschied, Trennung und Trauer auf beeindruckende Weise erfahrbar.

 

Vor der Gründung der Duisburger Dance Company im Jahr 2017 hatte Mia Sophia Bilitza bereits durch verschiedene interkulturelle Tanzprojekte vielfältige Erfahrungen gesammelt. Das Stück „AlltagAlleMania“, das sie zusammen mit ihrem Bruder Max Bilitza choreographierte, wurde 2015 mit dem Kinder und Jugendprojektpreis des Landes NRW ausgezeichnet, und ihr Projekt „Imperfections“ gewann den 1. Preis der Sparte Bühnentanz bei den Duisburger Tanztagen 2016. Darüber hinaus hat die Choreographin auch im Ausland viele Tanzprojekte durchgeführt, etwa am Shanghai Grand Theater, im Cultural Palace Ramallah in Palästina oder dem Goethe Institut in Tansania.

 

Ihr multidisziplinärer Ansatz spiegelt sich auch in ihrem Ausbildungsweg wider: Zusätzlich zur Tanzausbildung an der Duke Ellington School of the Arts in Washington, bei danceworks Berlin und an der Fontys Dansacademie in den Niederlanden erlangte sie einen Bachelor of Arts in Amerikanistik und Gender Studies sowie einen Master of Arts in internationalem Kunstmanagement. Zur Zeit promoviert sie an der TU Dortmund und fokussiert dabei Themen wie Inklusion, Respektforschung, Rassismus, Critical Whiteness Studies und Tanzmanagement in Krisengebieten. „Mir geht es darum, die Praxiserfahrungen mit wissenschaftlichen Mitteln auszuwerten und diese Erkenntnisse der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen“, erklärt Mia Sophia Bilitza. „Ich möchte zum Beispiel deutlich machen, dass Tanzprojekte tatsächlich Veränderungen von Einstellungen und Haltungen bewirken können – dies ist kein subjektives Wunschdenken von Tanzlehrer:innen, sondern lässt sich objektiv belegen.“

 

Die Wechselwirkungen zwischen der theoretischen und der praktischen Arbeit sorgen ganz offensichtlich dafür, dass sich beide Bereiche befruchten. Denn die intensive theoretische Auseinandersetzung mit Tanz als sozialem Transformationsmedium fließt in umgekehrter Richtung auch wieder in die choreographische Arbeit ein.

 

 

Den Namen ihrer Dance Company – Missed in Action – wählte Mia Sophia Bilitza in Anlehnung an den Status von vermissten Soldaten. „Viele der Jugendlichen, die am Anfang zu uns kamen, waren aus Kriegsgebieten geflohen, oftmals auch ohne ihre Eltern. Der Tanzraum sollte für sie eine sichere Zone sein, in der sie ihre Geschichten ablegen und sich dadurch befreien können“, erläutert Mia Sophia Bilitza. Sie möchte ihnen außerdem auf der Bühne die Möglichkeit geben, neue Rollen auszuprobieren und sie dadurch unterstützen, ihre Persönlichkeit zu entfalten.

Zu diesen neuen Rollen zählten zum Beispiel die der „Peaceful Warriors“ – so der Name eines der Stücke. Nach den Erfahrungen von Terror, Zerstörung und Entmenschlichung, konnten die Jugendlichen hier lernen, gemeinsam auf friedliche Weise zu kämpfen – für den Traum einer besseren, solidarischen Welt.

 

Spenden:

Verein Internationales Jugendtanztheater Duisburg e.V.

Sparkasse Duisburg

IBAN: DE05350500000219002201

BIC: DUISDE33XXX

Verwendungszweck: Spende Missed In Action Dance Company

 

Introbild: 

[Bildquelle: Feature Missed in Action Dance Company]

 

 

Infos:

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